Weihnacht, Raunacht, Zeit der Stille

Endlich Weihnachten. Nicht, weil ich mit dem christlichen Fest verbunden wäre. In der Kirche bin ich seit 33 Jahre nicht mehr. Weil Liebe, Respekt und Mitgefühl mit den Wesen dieser Welt für mich keine Institution brauchen. Ich bin auch kein Konsummensch. Im Gegenteil. Mir sind die einfachen Dinge wertvoller als Luxus. Warum dann „endlich Weihnachten“?

Foto / Copyright: Petra Busch

Weil es die Zeit der Stille ist. Es duftet nach Gewürzen und Bratäpfeln, die Dunkelheit ist von tausend Lichtern erhellt, die Luft liegt kühl auf der Haut. Die Menschen sind in ihren Häusern, und wenn man abends durch die Straßen geht, zeichnen sich die erleuchteten Fenster vor den fast unsichtbaren Fassaden ab. Ich mag das. Es hat so etwas von Frieden und Geborgenheit. Von glücklicher Kindheit und leuchtenden Augen beim Öffnen rot und golden verpackter Geschenke – was ich alles nie hatte.

Ich weiß es ja auch: Der perfekte Friede wirkt nur für den abendlichen Spaziergänger so. Sitzt man drinnen, zwischen Blockflöten-Kakophonie, angekoppeltem Lametta und viel zu lauter Fernsehübertragung des päpstlichen Segens, weil der Opa sein Hörgerät mal wieder im Glühwein versenkt hat, sieht’s schon ganz anders aus. Da herrscht oft der Druck, irgendwo sein zu müssen, wo man eigentlich nicht sein will. Bei der Schwiegermutter, den eigenen Eltern. Es wird nirgends so viel gestritten, nirgends so viel werden alte Konflikte bis zur Explosion geschürt wie an Heiligabend. Und am Ende gibt’s jedes Jahr in jeder Stadt den oder die berühmt-berüchtigten Weihnachtsmord(e). Das wiederum ist nur jobmäßig meins – im wahren Leben hab ich’s eher mit friedlichem Miteinander.

Und so mache ich’s mir wie jedes Jahr mit den Katzen und lieben Freunden gemütlich. Drei Samtpfoten weniger sind es als letztes Weihnachten, was schrecklich schmerzt. Und ich halte ein wenige Rückschau aufs vergehende Jahr. Es wird ein trauriger Rückblick werden. Viele schlimme Diagnosen, vier Krankenhausaufenthalte, unzählige MRTs, CTs, Sonographie, Schmerzen, Angst, Hoffnung, Rückschläge …

Doch es ist, wie es ist.

Was ich auch mag: die zwölf Raunächte. Einige Gegenden kennen dafür auch die „Lostage“. Je nach Tradition beginnen sie am 24. oder 25. Dezember und reichen bis zum Dreikönigstag am 5. oder 6. Januar. Es ist die „Zeit zwischen den Zeiten“. Man sagt, dass die Tiere in diesen Nächten sprechen können, wenn man dafür empfänglich ist und dass viele Geister uns umschwirren. Kobolde und Unholde drängen in unsere Häuser, weshalb man am Weihnachtsvorabend abstaubt, den Boden wischt, die Stube mit schwelenden Kräuterruten räuchert und Fenster und Türen fest verrammelt, damit die Geister nicht eindringen können. Ich blogge statt dessen 😉

Auch Waschen oder genauer: Wäsche trocknen ist verboten. Sonst nämlich verfangen sich die Geister aus Odins und Wotans Heer – die überall unterwegs sind, in einigen Regionen sind es auch lokale Bösewichte –  allzu leicht in der Wäsche. Dann droht Unheil. Wenn sie gar in die Stube gelangen und sich dort in Hemden und Co. verheddern, wird es noch schlimmer: Mitgeschleifte Kleidungsstücke kommen im nächsten Jahr als Leichentücher zurück ins Haus. Ich bin froh, dass ich einen Wäschetrockner habe!

Aber sie hat was: die Niemandszeit, in der es gilt, Altes loszulassen, Raum für Neues zu schaffen und Wünsche ins Universum zu schicken – für jeden Monat des neuen Jahres einen. Für mich ist es die beste Zeit des Jahres. mit Schnee wär sie noch magischer. Ich vertraue jetzt mal auf Anfang Januar.

Euch allen da draußen, ob Zebra oder nicht, ob sprechendes Tier, schweigsamer Mensch oder Plappermaul wünsche ich eine gute, friedliche und schmerzarme Zeit. Lasst es Euch gut gehen!

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